Donnerstag, 27. Januar 2011

Stille Tage im Hatay

So schön wie es ist, mit vielen netten Menschen zusammen zu sein, so schön ist es wieder eine Auszeit zu nehmen, Tage und Nächte vergehen und Gedanken fliessen zu lassen, die Erlebnisse verarbeiten, sich selbst Fragen zu stellen, auf die es keine vollständigen, direkten Antworten gibt - der Luxus des Langreisens...

Und schon wieder ein guter Morgen
Der (die? das?) Hatay ist der Zipfel der Türkei, welcher so ein Stück nach Syrien reinfingert, und das Ganze ist auch schon etwas arabisch geprägt und erst seit Atatürk auch wieder Teil der Türkei.

Der Titel steht natürlich unter Henry Millers Einfluss (ich arbeite mich dank Tanja's Reisebibliothek und Büchertausch nach Nexus und Wendekreis des Krebses durch den Steinbock), aber unsere stillen Tage entsprechen dem Namen, im Gegensatz zu dessen Zeit in Clichy. Erstaunlich wie nah die Gedanken beieinander liegen, ob 80 Jahre nach Miller's Wendekreisen, 60 Jahre nach Kerouac's Unterwegs, 40 Jahre nach Bukowskis Trampgeschichten, gut 20 Jahre nach meinen eigenen (im Rückblick viel zu seltenen) Interrailzeiten, die Flucht aus der Heimat, das Verlassen des Bekannten ist auch die Suche nach der etwas anderen Welt. Aber es gibt doch nur Eine, zumindest im Kontext dessen was wir als Realität bezeichnen. Zum Glück wechselt das Dekor, die Nuancen, die Melodien...

Handmade by Fergi
Unsere Realität: Der Genuss des heissen Freiluftduschens bei strömendem Regen, das mittlerweile vollständige Nichtvermissen etwaiger luxuriöser Standards, die Gemütlichkeit der abendlichen Holzöfen und Holzfeuer...

...und auch mal 'n Gasherd für Kaiserschmarrn!
...angenehme Gespräche oft auch ohne oder sehr wenig gemeinsame Sprache, unser Morgenmüsli aus allem was die Basare der letzten Wochen hergegeben haben (ok, und auch was aus der Tüte von Bim und Sok, Aldi und Lidl à la Turk), der Fisch direkt vom Fischmarkt auf den Grill...jeder macht was, meistens für alle die grade da sind, und das sind im Moment Fergi, sein Kumpel Adnan, seine Freundin Svetlana aus St. Petersburg, Boxer-Bax und Irgendwas-(Schönes)-Nina, die aus Paarungszwecken temporär mit dazu gehört, und wir.

Ein Tagesausflug nach Iskenderun, eine geschäftige, tourismusfreie Stadt am Meer, wieder schöne Märkte, Spitzengemüse (Obst haben wir ja selber), säuberlich in grossen Blättern zusammengelegter Spinat, Riesenradieschen, Paprika in allen Formen, Farben und Geniessbarkeiten, Esskastanien der höchsten Güte - die in Köln habe ich nie gemocht, und natürlich die Hatay'sche Spezialität Peynirli Künefe, die wahrscheinlich beste nicht-ganz-so-süsse Süsspeise der Welt. Und Tee, Tee, Tee. Tee trinken und in-die-Welt schauen, die Türkei hat mittlerweile alle Fremdartigkeit verloren, und es ist mit Abstand das menschenoffenste und interessanteste Reiseland, das wir kennen..., wenn man nicht grade nach Kusadasi, Bodrum, Side oder Kemer fährt, Fethye soll mittlerweile auch ganz schön gelitten haben.

Mmmh, hört sich an als würden wir immerzu essen, stimmt auch irgendwie, aber die Esskultur ist dedizierter hier, öfter weniger und möglichst wenig Schnickschnack drumrum. Butter? Teuer. Sahne? Unbekannt. Saucen? Wenn, dann Joghurt. Industriezucker? Im Tee vielleicht. Cola/Fanta? Trinkt kein Mensch. Und wer unbedingt dick werden will, geht zum Baklava-Shop, aber das Zeug kriegen wir beim besten Willen nicht runter. Weg vom Futtern, kommen wir zum Wetter. Unser Projekt "Überwinterung" scheint gut zu gelingen, die Tage werden länger und temperaturell liegen wir in den letzten Wochen konstant bei um die 8-10 Grad nachts und 15-20 Grad tags, da will man nicht meckern.

In den letzten zwei Tagen mussten wir mal wieder einen kleinen Regeneinbruch aussitzen, also summieren sich die Regentage in den letzten zwei Monaten auf circa fünf. Auch das geht, und wie gesagt, das Duscherlebnis!

Weniger ist machmal mehr...
Fakten haben wir mittlerweile auch gesammelt, wir wissen dass Haupt- und Nebeneumel längstens bis zum 21. Mai 2011 in der Türkei geduldet sind (wir übrigens auch), das heisst wir müssen uns langsam auf den Weg nach Syrien und Jordanien machen, da die Rückreiseroute aufgrund bürokratischem Overkill bzgl. Haupteumel in Ägypten und Tunesienzoff höchstwahrscheinlich wieder durch dieses wunderbare Land führt - uns fehlen noch mindestens die Inlandziele Nehmrut Dagi und Kappadokien sowie ein wenig Kurdistan und auch mal Schwarzmeer nach soviel Mittel.

Vielleicht reitet uns ja noch der Teufel und wir eumeln durch Saudi nach Oman um uns nach Indien verschiffen zu lassen, wer weiß? Jetzt kommt erstmal Syrien, laut dem deutschlandweit bekannten Comedian Bernhard Hoecker (mit zwei Punkten auf dem e) und seinem literarischen Meisterwerk Meilenweit für (k)ein Kamel die erste Grenze auf dem Weg in den Orient, die nicht als "Spaßgrenze" gilt, unsere Freunde Carla & David haben insgesamt 3 Stunden geharrt und 500 Dollar gelatzt für Visum, Dieselsteuer usw., naja dafür ist der Sprit dann billig. Tanja & Domi sind auch schon drüben, allerdings ohne Auto, wegen auf Daddy zugelassen, Brandon wurde als Amerikaner erstmal gar nicht eingelassen, ich sag' ja (oder zitier' ja): keine Spaßgrenze! Mal sehen was der Syrer so mit uns veranstaltet.

Jetzt muss noch alles trocknen und eine kleine Haupteumel-Reorganisation durchgeführt werden. Ach ja, der Canyon aus dem letzten Blog heisst natürlich Köprülü, und sonst? Alles klar, oder?

Schach? 48:44

Fernschach? 1:0 für Helmuth, noch 0:0 zwischen Özgür und Gudrun

Schäden? Oh, der arme Nebeneumel... 2 Blinker ab, Lenker leicht verbogen, Starter launen- und witterungsabhängig... Zwei PC's ausgeknockt, Extern-Bildschirm kaputt, Sch...Elektronik.

Montag, 24. Januar 2011

Eastbound

In den letzten Wochen sind wir hauptsächlich als Strandnomaden durchs Land getingelt. Der Eumel hat ja jetzt einen grossen Bruder, der ihn mittlerweile auch schon dreimal aus dem Sand gezogen hat.

Eumel-Retter
Nachdem wir Tanja & Dominik und ihre neuen Freunde Andrea & Brandon, ein rumänisch-amerikanisches Paar, in der Nähe von Adana wieder "aufgesammelt" haben, ist die Gruppe jetzt fussballmannschaftsstark.

We're a happy family!
Nur Samuel wollte partout nicht mit aufs Bild, aber mit ein wenig Gewalt geht das schon...

Gotcha!
Witterungsbedingt haben wir uns hauptsächlich an der Mittelmeerküste aufgehalten, mit einem Abstecher in den schönen Körüglü-Canyon, ein Wildwassser- und Forellenparadies östlich von Antalya.
Antalya's Hinterland
Körüglü Canyon
Um zum nächsten Paradies zu kommen, mussten wir dann ganz schön weit fahren, da die ganze Küstenlinie östlich von Antalya erstmal grausam mit Hotelburgen vollgepflastert ist.
Wir machen einen kurzen Halt in Side, wo die beeinduckenden Ruinen nahtlos in eine "Altstadt" aus Touristennepp übergehen.

Entering Side
Neben den üblichen "Döner macht schöner"-Buden, gibt es in Side auch einschlägige Spezialitäten...

Jaja...
...und das kommt dann davon
Am Abend haben wir mitten in den Ruinen von Anemurion (Anamur) gecampt, und sind am nächsten Morgen noch ein bisschen in dem dortigen Kastell rumgeklettert.

Sechsunddreissig Türme!
Dann kommen die Hochhausgürtel der Grosstädte Mersin und Adana, danach ein Industriezusammenschmiss mit Raffinerien und Fabriken am östlichen Mittelmeerzipfel vor Iskenderun...und dann 30km weiter bis Arsuz, das erste nette Dörfchen seit langem und nochmal 10km bis nach Konacik, und hallo, was ist das?

A Place To Be
Fergini, ein holländischer Türke bzw. türkischer Holländer, der natürlich auch fliessend Deutsch spricht, erfüllt sich hier seinen Traum, und wirklich traumhaft ist auch sein kleiner Orient-Camping, mit grossem Holztisch und Küche für alle, Heisswasserduschen!, Waschmaschine und Internet, alles in einem 1,5 ha grossen Garten aus Orangen-, Zitronen-, Mandarinen-, Bananen-, Granatäpfel und Feigenbäumen.

Hier stehen wir erstmal gut
Es wird viel gegrillt, zusammen gefrühstückt und gekocht, Lagerfeuer jeden Abend, Spiel, Sport und Spass, aber auch gute Gespräche über den Sinn des Reisens, des Lebens, und alles was sonst noch wichtig ist. Zum Beispiel Haareschneiden. 

Open Air Hairdressing
Tagsüber machen wir uns auch mal ein bisschen nützlich...

Gudrun arbeitet an ihrem grünen Daumen...
...Brandon heckt was aus...
...David, Domi & Raphael säen was...

...und Andrea ist voll Banane
Einen neuen Freund haben wir hier auch gefunden.

Scare this... Bax!
Gestern hiess es dann Good-bye bzw. Au Revoir, als nach der jungen Fraktion auch die Ducass´sche Grossfamilie Richtung Syrien aufgebrochen ist. Gudrun und ich machen uns noch ein paar entspannte Tage im Fergini-Garten und wollen noch per Dolmus Antakya besuchen, bevor wir uns dann auch so richtig an den Orient wagen...

Dienstag, 11. Januar 2011

Goodbye Cirali

Jetzt haben wir lange nichts mehr von uns hören lassen, was auch daran liegt das uns der Aufenthalt in Cirali mächtig Spass gemacht hat, so dass wir an vielen Tagen auch das Fotografieren vergessen haben. Hinter uns liegt eine Zeit mit vielen neuen Freunden - Touristen, Traveller (ja, das ist ein Unterschied) und Einheimische, und ordentlich Einblick in das Leben der Familien hier, diese Chance hat man eigentlich nur im Winter wenn der Tourismus auf Minimalniveau runtergefahren ist, und alle viel Zeit haben...

Gudrun, die hier der Einfachheit halber in Aise umgetauft wurde, hat Unterricht in türkischen Volkstänzen bekommen.

Büsra & Aise, hihi
 Viele gechillte Abende haben wir an den verschiedenen offenen Feuern verbracht, die uns in den Häusern, vor dem Caravan oder am Strand gewärmt haben. Die Tage waren herrlich, viel Sonne und richtig warm.

Achja, und es wurde geangelt - nochmal danke an alle lieben alten Kollegen, die mich so gut ausgestattet haben!
Beweisbild
...aber leider habe ich noch nichts gefangen, der Fisch da ging David an die Angel, der mit Carla und den Kindern Rafael, Samuel und Johanna schon seit einem Jahr durch die Lande reist, und für die nächsten Etappen bilden wir jetzt einen kleinen Convoy Richtung Syrien.

ein Fisch, viele Leute...

...und Carla mit Johanna
Dann sind wir wieder lykische Wege gegangen und lustige Tage in einsamen Buchten verbracht, wo Apo und seine Jungs ein Camp mit Hühnerstall usw. eingerichtet haben (und ja klar, es gab wieder Oilcan-Chicken!)

Baywatch
Chicken-Time, again!
Ein gutgelauntes Goodbye an Mehmet, Erdal, Adile, Büsra, Sevge, Ali, Mustafa "Aki", Ayhan "the Chef", Apo "the Captain", Errol, Tayfun ("gute Besserung, Alter"), Sirri und all die anderen Ciralisten, und Susi & Phillip aus dem guten, (k)alten Berlin!

Cirali made us happy!
Aber da alles ausser der Wurst ein Ende hat, satteln wir heute den Haupteumel, der nach 7000km den ersten Liter Öl verlangt hat (Guido wollte sowas glaub' ich wissen, er sagt unser Blog enthält zuwenig Zahlenmaterial).

Mal sehen, was jetzt kommt...