Sonntag, 28. November 2010

Istanbul

Wir haben unseren Standort verlagert, weg aus Selimpasa mit dem ländlich-abgelegenen Campingplatz, hinein in die grosse Stadt. Wir stehen jetzt an einer Shell-Tankstelle an der Londra-Ausfallstrasse. Zur Tankstelle gehören neben ein paar WoMo-Stellplätzen auch noch eine Kartbahn, mehere Indoor-Fussballplätze, ein Kebab Salonu usw. Über uns starten und landen die Jets vom nahen Flughafen, hinter uns ist der Parkplatz der benachbarten Kültür Üniversite und in 5 Minuten erreichen wir die Yenibosna Metro-Station.

In Selimpasa war es sehr schön, im Wesentlichen durch die herzliche Freundlichkeit des Campingplatz-Bediensteten Izmet. Er hat uns auch zweimal ins Dorf gefahren, um Probleme mit den Eumels zu lösen, zuerst der Starter vom Moped, und dann musste was mit den Batterien vom Haupteumel passieren, schon seit Wochen versagten sie nach längeren Standzeiten den Dienst und wir mussten immer erstmal rechargen, was die Abfahrtzeit immer um einen Tag verschoben hat. Darauf haben wir jetzt keine Lust mehr, und heute morgen gings mit Izmet los, zwei neü Startbatterien besorgen - beste Qualität laut Garagenbesitzer, Mutlu ist wie Bosch in Deutschland!

Süper Akkü!
Die alten haben wir dagelassen, und falls jetzt was sein sollte haben wir ja 2 Jahre Garantie - in Selimpasa, Türkei.

Da wir in den letzten Tagen schon zweimal die Ochsentour gemacht hatten, und die sechzig Kilometer in die Innenstadt per Bus gefahren sind (ein Erlebnis für sich, alles ist etwas anders hier, aber sehr sympathisch, da menschenfreundlich organisiert), kannten wir die Wege bereits und die Überfahrt gestaltete sich auch im Istanbul-Verkehr sehr einfach.

Der Hammer dann auf der Londra Asfalt: Ein junger Türke winkt wie verrückt aus seinem Auto, wir winken und lachen zurück. Er bleibt immer direkt vor, neben und hinter uns, anscheinend freut er sich so Leute aus Deutschland zu sehen, vielleicht ist er ja in Köln geboren… Dann kurbelt er seine Scheibe runter und hält ein Tütchen mit Schokoladennüssen raus, ich fahre an ihn ran und Gudrun schnappt das Tütchen, türkische Gastfreundschaft mitten im vierspurigen Grosstadtverkehr, unsere Herzen schlagen höher. Ab jetzt sind wir mittendrin statt nur dabei und Dutzende Sehenswürdigkeiten warten auf unseren Besuch. Schon die Schnuppertage zuvor haben richtig Lust auf diese Stadt gemacht!
Hagia Sophia
Blauer Himmel, blaue Moschee
Wir fußeln natürlich heftig durch die Stadt, quer durch Sultanahmed, das historische Instanbul, über die Galata-Brücke nach Beyoglu, das Fatih Akin (“Gegen die Wand”, “Auf der anderen Seite“ - gute Filme übrigens!) ja als den “Kiez” Istanbuls bezeichnet. Durch die Kiezgassen runter zum Wasser, es ist dunkel und ein paar alte Nussschalen schaukeln im Goldenen Horn. Sofort kommt Ersin auf uns zu, stellt sich mit Handschlag vor, und bietet uns die Überfahrt für 3TL an, das ist nicht mehr als eine Tramfahrt auch kosten würde. Bevor es losgeht grummelt sein Vater noch irgendwas vom anderen Boot herüber - anscheinend lohnt sich das seiner Meinung nach nicht. Ersin bleibt dabei, er ruft ihm “Tamam, Baba” zu - ist schon ok, Papa!
Mit Ersin uebers Goldene Horn
Natürlich nutzt Ersin die kurze Überfahrt um uns seine große Goldene-Horn-Tour anzubieten für 30 Euro, vielleicht kommen wir ja noch drauf zurück, es macht Spaß in dem alten Kahn rumzutuckern.

Am anderen Ufer in Eminömü dann in den Gewürzmarkt. Wir kaufen Nuss-Rosinenmischungen für unsere Müslibox und türkischen Mozzarella, der in dicken Fäden verkauft wird, und sehr gut schmeckt mit Ekmek (Brot) und Domade (klar oder?).

Auf dem Gewuerzbasar
 Am Samstag Nachmittag besichtigen wir den Topkapi-Palast, ein paar hundert Jahre osmanische Sultansresidenz. Das Gelände ist luftig pavillonartig angelegt, wie eine steingewordene Zeltstadt, der Prunk ist eher dezent und besonders die Gärten strahlen erhabene Ruhe aus.

Topkapi
Leider verweigern wir dem Harem den Besuch weil die Eintrittspreise zu gesalzen sind und auch die Zeit davonläuft, dafür haben wir Barthaare, Fußabdruck und Schwert des Propheten gesehen, sein Gewand in einem goldenen Schrein in einem Saal in dem ohne Unterbrechung Koranverse gesungen werden - magisch.

Menschen, Märkte und Moscheen, Istanbul schiebt sich unaufhaltsam an Athen vorbei in unserer Höhepunktskala dieser Reise. Rückblickend muss man schon feststellen, dass das allgemeine Sentiment in Griechenland etwas am Boden lag, das Land lebt eben nicht in seiner besten Zeit. In der Türkei hingegen pulst das pralle Leben. Am Wochenende im Beyoglu-Viertel auszugehen ist ein Erlebnis. Die ganze Stadt ist auf den Beinen und die Kneipen bersten vor Menschen, Live Musik überall.

Wir sind mittlerweile schon ein kleines Grüppchen, mit Tanja und Dominik aus Ansbach, die schon in Athen unsere Standplatznachbarn waren und ziemlich den selben ums-Mittelmeer-Weg wie wir haben, und Özgür und seinem Cousin, die Tanja und Dominik beim Nargile-rauchen kennengelernt haben. Der Cousin spricht zwar kein Englisch oder Deutsch, und trinkt auch keinen Raki, amüsiert sich aber trotzdem prächtig.
Wir anderen kompensieren das mit dem Raki, es wird türkisch getanzt und gesungen und die Nacht endet morgens um vier mit einer berauschten Taxifahrt durch die jetzt ganz leeren Strassen quer durch Istanbul, masallah!

A Long Night in Beyoglu
Ja, und sonst? Wir haben uns auf dem Basar ein Zweitschach zugelegt, im Westentaschenformat (aktuell 34:33). Gudrun hat mich zuletzt dreimal vernichtend geschlagen.

Mikroschach, immer dabei
Und da Istanbul sehr gross ist, haben die Stadthühner auch extra lange Beine...

Gallus Istanbulensis

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