Mittwoch, 13. Oktober 2010

Lakonien

Boah, was tun uns die Knochen weh...

Die Kurzform:

Unsere erste Mehrtages-Bergwanderung auf diesem Trip. Auf dem Weg zu unserem derzeitigen Camping-zu Hause (Gytheion Bay - mittlerer Finger des Peloponnes) sind wir in Sparta vorbeigekommen. Dort haben wir die Ruinenstadt Mistras besucht (Blog folgt in Kuerze). Am Abend darauf haben wir dann im Eumel-Kino aus geographischem Anlass den Film 300 angesehen (300 Spartiaten versuchen das Heer des Perserkoenigs Xerxes aufzuhalten). Da gibt es die Szene in der der Spartiatenkoenig Leonidas (Wer und wann war Leonidas?) auf den hoechsten Berg des Taygetos-Gebirges (mehr uebers Gebirge) klettert (Profitis Ilias, 2400m) um dort das Orakel zu befragen. Naja, so entstand die Idee auf Leonidas Spuren zu wandeln...
Profitis Ilias, unser Ziel
Im Detail:
Die Eumels sind abgeschlossen, wir haben Petra vom Campingplatz Bescheid gesagt ("Bescheid"), Zelt, Isomatten, Schlafsaecke, Verpflegung und eine hochaufloesende Karte nebst GPS eingepackt und marschieren los. Grobziel ist dem europaeischen
Fernwanderweg E4 in umgekehrter Richtung zu folgen, und dabei laengs durch das Taygetos-Gebirge zu wandern.
Guter Dinge
10.10.10 11:30 km 3,3 10m ue. NN
Wir stossen auf die erste E4-Wegmarkierung, die Berge haengen in Wolken, aber es regnet (noch) nicht...
Hier geht's lang
10.10.10 12:30 km 5,3 56m ue. NN
E4 trotz Karte und GPS zum ersten Mal verloren, wir eiern ueber Macchia-Huegel und durch Olivenhaine, kommen einigen Wachhunden bedrohlich nah, aber wir finden den Anschluss wieder.

10.10.10 14:00 km 12,2 40m ue. NN
Es regnet richtig. Wir erreichen Platanas. Wir erspaehen eine Taverne, die zuerst geschlossen scheint, dann sehen wir aber drin eine Menge Leute. Der Wirt holt einen Gast der etwas "grenglisch" spricht und wir ermakeln uns Saganaki (gebackener Schafskaese), handgeschnitzte Pommes, 4 Souvlaki-Spiesse und Mangoldgemuese mit Knoblauch. Mit Kaffee und Wasser (hier immer umsonst) loehnen wir 15 Euro. Der Regen laesst nach und wir satteln auf.

10.10.10 16:15 km 16 225m ue. NN
Es schifft ordentlich. Wir Seppls haben vergessen die Raincovers ueber unsere Rucksaecke zu ziehen, was wir spaeter noch bereuen (feuchte Schlafsaecke). Aus einem Kirchlein leihen wir uns zwei Stuehle und pausieren unter dem Dach.
Total gelungener Doppelschnappschuss (Fachjargon: Coupling Shot)
10.10.10 18:00 km 19,8 270m ue. NN
Wir sind schlapp, der Regen nervt und Daemmerung droht. Links vom Weg geht eine kleine Serpentine hoch und wir finden eine aufgelassene Bienenzucht. Der Boden ist eben und weich. Der erste Zeltaufbau im stroemenden Regen erfolgt nach dem Motto "kein Hering und keine Schnur zuviel". Im Zelt ist es dann doch schnell gemuetlich und warm. Die Socken qualmen. Wir schlafen 2 mal fuenf Stunden (mit Zigarettenpause), nachts hat der Regen aufgehoert und wir sehen Sterne.

Der naechste Morgen ist sonnig, wir trocknen unser nasses Zeug und machen ein paar Nescafes mit der Kelly Kettle (nochmal Dank an Ute und Volkmar!).
Sonne am Morgen
11.10.10 11:00 km 22,3 360m ue. NN
Wir erreichen das naechste Bergdorf, geradebrechte "Unterhaltung" mit einem alten Maennlein, das uns verhutzelte Trauben schenkt. Ein griechischer Kaffee im Kafenion, werden Zeuge einer Geldauszahlung, hier bringt anscheinend der Bote die Rente, oder war es ein Lottogewinn?
Dorfidyll
11.10.10 13:00 km 28 470m ue. NN
Agios Nikolaios, der letzte "groessere" Ort. Wir finden einen Kraemerladen, der Kraemer knoepft sich uns zu Ehren das Hemd zu. Wir erstehen Buechsenfleisch, Schokolade, Kekse und Batterien fuer das GPS. Dann winkt uns ein Wirt in seine Taverne.
Eigentlich wollen wir nur Brot kaufen, dann ueberzeugt er uns aber mit Omelett, Souvlaki und Salat. Ist zwar teurer als in Platanas, aber hinterher sind wir saufroh uns den Magen nochmal mit was "richtigem" gefuellt zu haben.
Hausspezialitaet: Frittenomelett
11.10.10 16:00 km 33 725m ue. NN
Kastanias - laut Karte das allerletzte Dorf vor dem Gebirge. Die Taverne wird fuer uns geoeffnet, wir grenglischen mit dem Wirt "greek coffee, sweet, please", der unser Vorhaben mit den Bergen nicht so ganz versteht, am Ende gibt es ein grinsendes "Good Luck".
Oje ist das hoch
11.10.10 18:00 km 37,8 1040m ue. NN
Das Kloster Panagia Giatrisa, das wir auf der Serpentinenstrasse von Kastanias die ganze Zeit vor der Nase hatten, ist erreicht. Es sieht ziemlich neu aus, fast wie ein Hotel und steht trutzig auf einem Berggrat, der gleichzeitig die Landschaften trennt. Bisher hatten wir Bergdoerfer, Olivenbaeume und Landwirtschaft, jetzt sind wir im Gebirge - Fels und Macchia. Bis zum Vasiliki Wald sind es noch mindestens fuenf Kilometer, der Aufstieg hat uns alle gemacht.
Platz ist auf der kleinsten Felsnase
Wir finden ein Stueckchen flaches Gras auf einer Felsnase, grosse Felsen geben Schutz - Gudrun ist wie immer fuer das Lagerfeuer zustaendig.

Zuendeln macht Spass (und warm) 
Nachts windet es ganz ordentlich, aber es regnet nicht. Am naechsten Morgen ist alles fit, aber eine ordentliche Waschung tut not.
12.10.10 10:30 km 40,8 1120m ue. NN
Ein Schlauch, ein Hahn! Das ist, worauf wir so gehofft hatten. Schnell sind alle Klamotten weggeworfen, und wir unterziehen uns einer gruendlichen Reinigung.
Nackt im Wind
Kaum haben wir uns wieder bedeckt, kommt ein altes Weiblein mit ihrer Schafherde den Weg herauf. Kalimera!
(Un)verschaemte Schafe
12.10.10 13:00 km 47,4 1460m ue. NN
Vasiliki Forest. Ein Hochwald, wunderschoen eingebettet in die Massive des Taygetos. Wir erreichen etwas, das in der Karte als "Forestal Protection" mit Huettensymbol eingezeichnet ist. 30 Huetten, teils aus Bruchstein, teils aus Holz und Wellblech - alles etwas runtergekommen, scheint ein Ferienlager (gewesen) zu sein. Es gibt Wasser und Sitzgelegenheiten, also "checken" wir zur Mittagspause ein. Wir haben seit dem Muttchen mit den Schafen keine Menschenseele mehr gesehen.

Mittagspause (lecker Tuetensuppe)
Anschliessend geht es um den ganzen Talkessel durch den Wald, erst runter dann wieder hoch. Die Rucksaecke werden schon wieder schwer. Bei einer Kirche soll der E4 ueber den Berggrat Richtung Profitis Ilias Schutzhuette fuehren.
Da wollten wir noch hoch (kurz danach nicht mehr)
12.10.10 16:00 km 53,5 1480m ue. NN
Das Kirchlein taucht hinter einer Biegung auf, direkt auf einer Quelle errichtet. Daneben geht der E4 steil den Berg hinauf, bis zum Grat auf 1560m sind es nur ein paar Hundert Meter Eselspfad.
ueber Stock und Stein
Auf der anderen Seite verliert der Pfad schnell Hoehenmeter, und wir begraben unsere Hoffnung eventuell den Gipfel des Illias "mitzunehmen". Unsere Vorraete sind zu knapp fuer eine evtl. vierte Uebernachtung, und wir muessten nochmal ueber 1000m nach oben, vielleicht ein andermal. Auch so haben sich schon 2000 Hoehenmeter auf dem GPS aufaddiert. Ein bischen demotiviert stolpern wir mit letzten Kraeften durch den Wald nach unten, dann auf einmal - ein kleines Paradies.

12.10.10 17:30 km 58,3 1220m ue. NN
Der Wald endet, eine Walnuss-Plantage liegt vor uns, die Temperatur steigt schlagartig um mindestens 5 Grad! Wir sind jetzt noch auf 1200m Hoehe und zur Plantage gehoert eine (menschenleere) Huette mit Wasserhahn und Kamin. Und eine ideale Zeltwiese.
Hier bleibt es sich gut
Wir sind happy, beschliessen am naechsten Morgen schnurstracks abzusteigen, essen alle unsere Vorraete auf (eine Dose Fisch, 2 Tuetensuppen ohne Brot, gesammelte Pilze vom heissen Stein und etwas Schokolade). Wir verdrehen die letzten Tabakkruemel.

13.10.10 08:30 (ebenda)
Wir sind frueh dran, nix wie runter und in die Zivilisation. Da wir keine Zigarettenpausen mehr machen koennen geht es auch recht fix, und wir erreichen um punkt 12 Uhr nach weiteren 10km den Ort Xirokabi. Es ist nicht zu glauben, Waldweg und Serpentinen scheinen sich endlos durch wilde Natur (toller Canyon) zu ziehen.
Ja schoen, aber uns reichts jetzt
Dann kommt die letzte Kurve und wir sehen direkt in einen Schulhof, wo gerade Sportunterricht stattfindet. Mittlerweile ist es auch richtig warm - fast 30 Grad. Das erste Cafe gehoert uns und wir sind sooo gluecklich.

Juchhu - hier scheinen Menschen zu wohnen!
Nach knapp 70km auf Schusters Rappen leisten wir uns den Luxus eines Taxishuttles zurueck nach Gytheio. Costa - der Fahrer - hat 10 Jahre in New York gekellnert, und so koennen wir uns gut unterhalten.

Zurueck am Campingplatz duschen wir drei Stunden und machen uns eine Riesenportion Kaesenudeln, das Leben kann so schoen sein.

2 Kommentare:

  1. Hallo Grudrun und Timo,
    ich verfolge jetzt Euren Blog schon seit Beginn und muß nun endlich mal sagen, wie gut ich ihn finde. Eure Texte sind echt kurzweilig und der Stil begeistert mich. Könnte ein buch daraus werden....
    Weiterhin viel Vergnügen auf Eurer Reise
    wünscht Jürgen

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  2. Ja hallo Juergen, das geht ja runter wie Olivenoel :)

    ...und das Lob ist gleich ein schoenes Geburtstagsgeschenk fuer unseren 45er!

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