Samstag, 19. März 2011

Best Of Bedouin

Der erste Eindruck im Wadi Rum ist erhaben. Das Visitor Center, sozusagen das Eingangstor zur Wüste, steht vor der Kulisse der sieben Säulen der Weisheit, und nun schliesst sich Gudruns literarische Vorbildung durch T.E. Lawrence mit der Wirklichkeit. Die Landschaft ist grandios und nachdem wir jeweils 5 JD (gleich Euro) Eintritt für das Naturreservat bezahlt haben dürfen wir in das schöne "Desert of Mountains" (hier ist's wüst...) hineineumeln.

Sieben Säulen?
Nach weiteren sieben Kilometern ist Schluss, wir kommen im Wadi Rum Village an, und dort hört jeder Asphalt auf. Natürlich haben wir nicht vor mit dem 5-Tonnen-Eumel im Sand zu versinken. Wir stehen auf dem Parkplatz am Dorfeingang und das dortige Häuschen der Tourist Police suggeriert Sicherheit für beide Eumels. Sehr gut, nun müssen wir uns unser individuelles Wüstenpaket schnüren.

Von CriCri und Marc haben wir die Empfehlung Jordan Tracks, und suchen deren Office im Dorf auf. Dort sitzt Isabelle, eine Belgierin, die mit Selim, einem lokalen, jungen Beduinen verheiratet ist. Zusammen (und mit weiterer Grossfamilienhilfe) schmeissen sie ihre Tour- und Camporganisation, draussen in der Wüste gehört noch ein Beduinencamp zu Jordan Tracks. Überhaupt hat man den Wadi Rum, was Guides, Jeeps, Kamele usw. betrifft in beduinischer Hand gelassen und das tut dem Gesamtflair hier sehr gut. Auch wenn es touristische Angebote sind, es kommt einem ungeheuer original und richtig vor. Und auch hier leidet man momentan unter der Baisse durch alle möglichen arabischen Staatskrisen, es sind recht wenige Leute in der Wüste, gut für uns, denn auch unser Wunschprogramm kann am nächsten Morgen direkt losgehen.

Bei Jordan Tracks hat unser Wunschprogramm auch einen Namen, nämlich "Best of Bedouin". Und das geht so, erklärt uns Isabelle, am nächsten Morgen treffen wir unseren Guide, der uns dann den ganzen Tag mit dem 4WD-Landcruiser zu den schönsten Punkten der Wüste schaukelt, zum Abschluss gibt es einen Beduinentee in einer Felsnische mit Sonnenuntergang. Anschliessend werden wir ins Camp gefahren, wo wir unsere Zelthütte beziehen werden und ein einfaches Abendessen bekommen.

Am nächsten Tag wird dann gewandert, und zwar auf einen Berg im Süden mit Blick nach Saudi Arabien. Der Abend wieder Camp und am dritten Tag reiten wir dann auf Kamelen ca. 8 km zurück ins Rum Village. Soweit so gut, das ist gebucht, da auch der Gesamtpreis wirklich in Ordnung ist. Wir haben noch den restlichen Nachmittag frei, und machen eine kleine Wanderung zu den Wasserstellen oberhalb des Village. Die Aussicht ist wunderschön und wir lassen die Sonne auf dem Rückweg untergehen. Die Nacht ist superruhig und die frische Luft der Wüste garantiert einen wunderbaren Schlaf.


Rum Village

Also stehen wir am nächsten Morgen um halb zehn bei Jordan Tracks und bald darauf kommt ein beduinischer Jüngling, Attallah, in einem wackligen Toyota Jeep vorgefahren, der wahrscheinlich dreimal so alt ist wie er selbst. In Deutschland  würden wir seine Befähigung zum Führen eines Fahrzeugs wahrscheinlich anzweifeln, aber wir sind hier ja in der jordanischen Wüste...

Go, Attallah, Go!
Also geht es los. Das erste Ziel ist schnell erreicht. Alles hat hier irgendwie mit Lawrence von Arabien zu tun, der in dieser Gegend den Aufstand der Araber gegen die Ottomanen vor rund hundert Jahren im britischen Interesse unterstützt hat. Es ist eine Quelle auf halber Höhe des Berges, die Lawrence Spring. Wir klettern zusammen mit drei malayischen Mädels, die das in asiatischer Manier ganz quietschvergnügt tun, und sich dabei ständig fotografieren.


Erster Halt: Lawrence Spring

Die gute Laune ist ansteckend, der Tag beginnt herrlich, die Aussichten in die Wüste sind atemberaubend. Das Wadi ist ein absolutes Highlight der Reise! Schon sitzen wir wieder im Landcruiser und es geht zur nächsten Station, einem engen, hohen Canyon, der in die mächtigen Felswände geschnitten ist. Vor dem Canyon mischen sich gelber und roter Sand, und in der Schlucht strahlt der Fels aus der Dunkelheit. Ein kleiner Beduine demonstriert uns seine Kletterkünste und wir bewundern ein paar nabatäische Felszeichnungen, die die Wasserstelle markieren.


Colors Of Sand

 

Colors Of Rock

Vor dem Canyon steht ein Beduinenzelt, man bietet allerlei an, Beduinentracht, Amber, Kräuter, Bronzegefässe, Tee...auf Letzteres kommen wir gerne zurück. Wir sitzen am Feuer, im Dunkel des Zelts, chatten ein bisschen mit anderen Touristen und fühlen uns pudelwohl.

Tea Break with Attallah
Wir hätten ohne weiteres noch ein paar Stündchen bleiben können, aber das Programm geht weiter. Unser Guide schaukelt uns zu einer grossen roten Sanddüne, und wir dürfen mal wieder klettern. Jedesmal wenn Attallah uns auslädt, damit wir uns kletter- und wandermässig ertüchtigen, schläft er eine Runde in seinem Jeep, in der Beziehung sind die Beduinen echt eisenhart.

Und unten schläft Attallah
Und weiter geht die Fahrt, immer tiefer in die Wüste hinein. Wir fahren zum Lawrence House, nicht mehr als eine alte Mauer unterhalb eines Felsens. Auf der Fahrt passieren wir noch ein paar alte arabische Felskratzereien, die den Weg nach Mekka weisen. Wir stellen fest, dass es sehr schön ist, die Wüste im Frühling zu besuchen, es ist nicht heiss, immer geht ein leichter, manchmal auch starker Wind und der Sand ist durchsetzt von grossen blühenden Teppichen aus klitzekleinen weissen und violetten Blümchen.


Die Wüste lebt

Auch wir wollen weiterleben, und zur körperlichen Erbauung nach all der Kletterei hat Attallah auch eine Lunchbox für uns dabei. Ein Plastikteppich wird in einer Felsnische ausgebreitet, und wir freuen uns über Schmierkäse, Dosenfisch, Gurke, Tomate und natürlich Fladenbrot.Aber noch viel wichtiger (für Attallah) ist, dass nach dem Essen mal wieder geschlafen wird, wir liegen alle auf dem Teppich und lauschen der Ruhe, die aus der Wüste kommt...

Lunch Break

Gestärkt und ausgeruht geht es weiter im Programm. Wieder bringt uns unser Beduinenguide zu tollen Stellen, und wir bekommen die kleinen Wanderungen und Klettereien erklärt, einmal laufen wir eine gute halbe Stunde durch einen wunderschönen Canyon, Attallah erwartet uns am anderen Ende, und auch hier tun sich atemberaubende Aussichten auf...
Beautiful Views
Es ist ein Traumtag, und ich könnte noch stundenlang weiterbloggen, aus dem Internetcafe Concorde in Aleppo, aber auch hier gibt es schon wieder so viel Tolles zu sehen, zu hören, zu riechen...aber davon später. Auch von dem kleinen Malheur, das die Verspätung dieses Blogs bedingte. Hier sind wir immernoch in der Wüste, und nach vielen, herrlichen Stationen im Wadi senkt sich der Tag, ach ne, ein Suchbild muss auch noch ins Blog...

Stonebridge
Als sich der Sonnenuntergang ankündigt, findet uns Attallah eine geschützte Höhle und auf gesammeltem Wüstengestrüpp macht er ein kleines Teefeuer. Die Farben auf den rings umliegenden Felswänden spielen ihr Spiel, und wir sind über den Wadi-Tag sehr glücklich.

Wadi Sunset
Wir verschiessen nochmal Hundert Bilder, und dann geht es ins Beduinencamp. Am Fuss hoher Felswände stehen ein paar Zelthütten, und ein grössseres Beduinenzelt, wo uns später ein sehr leckeres Abendessen serviert wird.

Bei uns ist die Tür auf
Wir verbringen zwei Nächte hier, und auch die Abende, mit Beduinengesängen zu selbstgemachten Klängen sind sehr, sehr stimmungsvoll.

Auch die anderen Campgäste sind nett, z.B. der Mathelehrer aus Brügge, der mit seinem Sohn da ist, und bei vielen Schachzügen von Gudrun und mir nur im flackernden Schein des Zeltfeuers leicht die Stirn runzeln muss...die Beiden machen auch "Best of Bedouin", und während wir am nächsten Tag zu unserer Wüstenwanderung aufbrechen, geht es für die Beiden per Kamel zurück ins Village.

das steht uns dann morgen bevor
Die Wanderung am nächsten Tag machen wir dann zu fünft, Christel und Ben aus Nantes in Frankreich gesellen sich zu uns, und zusammen mit Attallah steigen wir auf einen wüsten Berg, und schauen nach Saudi Arabien.

Desert Peak
Wir verbringen einen weiteren wunderbaren Tag im Wadi Rum, mit den Bildern könnten wir locker den Blog sprengen, und nach einer weiteren Nacht in Beduinenatmo geht es dann wirklich per Kamel zurück ins Dorf (auf die Bilder von Ben warten wir noch). Nach zwei Stunden ist genau der Punkt erreicht, wo Beine und Hintern signalisieren, dass Kamelreiten für uns eine ungewöhnliche Übung ist, gut dass wir nicht zwei Tage Camelback gebucht haben!

Butt Stresstest
Zurück im Village freuen wir uns auf das wohlbehaltene Wiedersehen mit unserem Rolling Home und zur Feier des Tages nehmen wir den Nebeneumel noch zu einem abschliessenden Ausritt ins Wadi mit, sehr spassbringend, aber weit wären wir so nicht gekommen, sobald der Sand ein bisschen tiefer wird, dreht der Nebeneumel durch bzw. sich ein.

Rum Biking
Dann heisst es Abschied nehmen vom Wadi, wir sind ganz schön groggy, aber sehr glücklich, haben einiges gelernt, über die Wüste und die Beduinen, und sind auf dem Weg nach Petra, Weltwunder und touristische Hauptattraktion Jordaniens, und so ganz nebenbei tut sich dann am Wegesrand noch...

...die drittschönste Aussicht der Welt auf.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen